Ok, jetzt denken Sie, mit der Fahrzeugöffnung allein hat der Täter nicht automatisch einen Zündschlüssel, um das Fahrzeug zu entwenden.
Stimmt, stört aber nicht weiter.
Eine verbreitete Methode war und ist eine (unbemerkte) Reichweitenverlängerung des Originalschlüssels mit der sich u.a. der ADAC seit längerer Zeit im Rahmen der ADAC-Autotests beschäftigt. In der vom ADAC veröffentlichten Liste der für diesen Angriff ungeschützten Fahrzeuge "Autos und Motorräder mit Keyless-Schließsystem, die der ADAC illegal öffnen und wegfahren konnte" finden sich nahezu alle Herstellernamen (Liste anschauen). Mit der aus Tätersicht trotz aller Einfachheit in der Durchführung dennoch lästigen Abarbeitung der erforderlichen Schritte wurden die Öffnungsmethoden ständig verbessert und vereinfacht. Bei einer Entwendung mit der Reichweitenverlängerung müssen sich zwei Täter organisieren, wobei sich einer davon ständig in der Nähe des Opfers oder zumindest des Originalschlüssels befinden muss. Und wenn in dieser Kombination alles gepasst hat, kann das Fahrzeug entriegelt und gestartet werden. Wenn der Täter allerdings dann das Fahrzeug z.B. abwürgt oder (etwa zum Betanken) abstellt, hat sich die versuchte Entwendung für dieses Fahrzeug erledigt. Der Originalschlüsssel ist nicht mehr erreichbar, damit kann das Fahrzeug nicht mehr gestartet werden. Das sind in der Begutachtungspraxis u.a. dann diese Fälle, wo das entwendete Fahrzeug geöffnet und ohne Schäden und insbesondere ohne Aufbruchmerkmale aufgefunden wird, sich (fast) niemand einen Reim drauf machen kann und der Versicherer evtl. unangenehme Fragen stellt.
Die Optionen zur Ablaufoptimierung sind einfach, schnell, erfordern kein spezielles Fachwissen (des Täters) und können je nach den Anforderungen an den Leistungsumfang der Geräte, Hardware und Software in der Anschaffung recht günstig sein, aber auch im 4stelligen Euro-Bereich liegen. Das links abgebildete Programmiergerät ist z.B. ein seit Jahren sehr erfolgreiches Modell und deckt trotz des Kaufpreises von derzeit nur 80.- bis 140 € nahezu alle Hersteller und eine Vielzahl von Fahrzeugmodellen (>1500) ab (Liste anschauen). Ein häufiger Nachteil der Low-Cost Programmiergeräte ist der Umstand, dass zur Programmierung eines Schlüsselrohlings meist ein Originalschlüssel benötigt wird, was für den redlichen Benutzer, der nur einen weiteren Ersatzschlüssel braucht, kein Problem darstellt - für einen Täter mit unlauteren Absichten schon. In seltenen Konstellationen (eher die Ausnahme) kann auch dieser Programmer direkt über die OBD-II Schnittstelle einen Schlüssel programmieren.
Zu der Königsklasse dieser Schlüsselprogrammierer zählt das unten abgebildete Gerät, was auf Fahrzeuge eines Premiumherstellers spezialisiert ist. Für einen Kaufpreis von immerhin ca. 3500.- € erwirbt der geneigte Täter ein Gerät, mit dem er nach einer Verbindung mit der OBD-II Schnittstelle einen funktionierenden Schlüssel erstellt und entspannt mit dem Fahrzeuge auf Reise geht. Für die Anfertigung dieser Schlüsselkopie wird zu keinem Zeitpunkt ein Originalschlüssel benötigt! Eine derart komfortable Schlüsselerstellung können selbst die Niederlassungen dieses Herstellers dem geschätzten Kunden nicht anbieten. Die Investition des Täters war dabei auf 3-4% des Fahrzeugneupreises beschränkt - für das erste auf diesem Weg übernommene Fahrzeug. Jedes weitere ist praktisch umsonst...
